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VRPotdam in der MAZ (PDF)
Erstes Studio für virtuelle Realität in Brandenburg
In einer Babelsberger Videothek eröffnet Brandenburgs erster Spielplatz mit virtueller Realität. Der für Einsteiger empfohlene Film „The Blu“ erweist sich als Ausflug ins Meer – vom Korallenriff bis hinunter in die Tiefsee. Bedrohliche und faszinierende Begegnungen mit Haien, Walen und riesigen Tintenfischen sind inklusive.
Babelsberg. Haie ziehen vorbei im tiefen Blau, Rochen, winzige Fische und ein gewaltiger Wal. Er verharrt. Das große Auge, keine Armlänge entfernt, ist weit geöffnet. Dann setzt der graue Riese mit leisem Rauschen seine Reise fort. Wie ein letzter Gruß saust in weitem Bogen die Schwanzflosse heran. Stille. Bunte Quallen schweben ein. Berührt man sie, ist ein leichter Widerstand zu spüren, bevor sie sich zusammenziehen.
„The Blu“ ist der Titel des Films, bei dem man in tiefem Wasser zu schweben vermeint; auf dem Kopf eine Haube mit Brille, die den Rundumblick ins Meer zu öffnen scheint, und Kopfhörern, die feinstes Knistern aus der Ferne ebenso übertragen wie das anschwellende Brodeln eines rasch nahenden Sardinenschwarms, dem der dunkle Schatten eines Kraken folgt. Unten überm Grund glimmt ein Laternenfisch.
Den Vorgeschmack gibt es unter Wasser
Der Tauchgang ohne Schnorchel und Wasserkontakt ist das Vorführmodell für neue Gäste im ersten Spielplatz Brandenburgs mit virtueller Realität. Drei jeweils zehn Quadratmeter große Kabinen hat Inhaber Andreas Klisch (56) dafür in seine Videothek am Weidendamm einbauen lassen. Die Kappe, das Headset, hängt an Kabeln von der Decke herunter. Zum Spiel gehören zwei Controller genannte Fernbedienungen für die Hände, mit denen man sich in einem Spiel von einem Raum in einen anderen beamen kann, während sie in einem anderen als Laserschwert oder Armbrust zur Waffe werden.
„Gegen Virtual Reality sind 3-D-Kino und 360-Grad-Filme Pillepalle“, sagt Klisch. Der entscheidende Unterschied: In seinen Kabinen ist der Spieler nicht nur mitten im Geschehen. Er greift auch ein. Als Kommandant der Marine im Kampf gegen eine ganze Flotte. Eingesperrt in einem unbekannten Haus, aus dem er sich freikämpfen muss. Als Jedi-Ritter in einem Sternenkrieg. Oder auch in einem Spiel für Kinder auf einem Hühnerhof: „Teste deine Geschicklichkeit! Fang so viele Eier, wie du kannst!“
En garde!
In dem Geschehen kann man fechten, parieren, schießen und ausweichen, man läuft auf und ab, man muss sich ducken, zur Seite springen oder zum Schutz einen Schild in die Höhe heben, wenn der feindliche Hieb kommt oder eine Wolke von Pfeilen. Auch Zweikämpfe von Spielern in benachbarten Kabinen sind möglich.
Die Wände der Kabinen sind mit grauen Schaumstoffmatten isoliert, damit man sich nicht zu sehr stößt, wenn man im Eifer des Gefechts dagegen rennt. Eine Warnung gibt es allerdings: Nähert man sich einer Kabinenwand, schimmert in der virtuellen Landschaft ein grünliches Gitter auf. Zwei Sensoren in gegenüberliegenden Ecken platzieren den Spieler exakt in dieser künstlichen Welt.
Klisch war seit Mitte der 1980er mehr als 20 Jahre Booker und Veranstaltungsmanager im Lindenpark. In den 1990ern war er Mitgründer des ersten Potsdamer Internetcafés im Staudenhof, damals einer Einrichtung des Lindenpark e.?V. Seit mehr als 15 Jahren lehrt er unter anderem an der Fachhochschule Potsdam Medientheorie und Medienpraxis.
Seit zehn Jahren betreibt Klisch die Videothek
Seit zehn Jahren betreibt Klisch die Videothek am Weidendamm 4, gleich gegenüber dem Babelsberg-Center, nur wenige Gehminuten von der Medienstadt Babelsberg entfernt. Im Angebot hat er neben den Spielen auch Kunst- und Bildungsprogramme. Google Earth VR lädt zur Weltreise ein, zum Spaziergang durch Florenz oder zum Flug durch den Grand Canyon. Travel VR ist eine Weltreise, die nach dem Anflug auf die Erde zur Wanderung durch die Wüste Gobi werden kann. Everest VR erweist sich als schwindelerregender Aufstieg auf den höchsten Berg der Welt.
Auf eine Reise ins Körperinnere führt das Medical Holodeck, In Mind VR ist eine Reise ins Hirn. Mit Google Blocks schließlich lassen sich dreidimensionale Objekte erschaffen, mit Tilt Brush wird der Spieler zum Künstler, der mit dreidimensionalen Pinselstrichen Sterne, Licht und Feuer malt.
Nächstes Projekt der virtuellen Werkstatt ist ein Rennsimulator, ein Auto mit Lenkrad und Schaltung. Schließlich plant Klisch Wettbewerbe mit vergleichbaren Geschäften in anderen Bundesländern. Gespräche führe er bereits mit einem Partner in Augsburg, der mit zehn VR-Kabinen deutlich größer ist.